Ich muss zugeben – ich bin absoluter Strandfan. Wenn sich bei 40 Grad im Schatten alle in ihre klimatisierten Häuser verziehen, liege ich als Einzige auf meinem Badetuch am Strand, ganz nach dem Motto: Was – euch ist es zu warm? Ich muss doch Sonne für den langen, kalten Winter vor tanken! Zumindest zwinge ich mich bei solchen Temperaturen dann doch mal, Sonnencreme zu verwenden, um am Abend nicht wie ein frischgekochter Hummer auszusehen.
Ich denke es ist ein grundsätzliches Phänomen, dass Menschen, die den Strand zuhause nicht vor der Nase haben, sofort dorthin fliehen, wenn sie Urlaub haben. Meer, Sonne, Sand – das alles sind Synonyme für Entspannung, Alltagsferne und Genuss. Und der Blick auf den weiten Ozean sorgt für ein paar kleine Gedankenanregungen, auf die die meisten dann doch nicht ganz verzichten möchten. Ich selbst habe so manchen Urlaub grösstenteils auf den zwei Quadratmetern meines Badehandtuchs verbracht, das ich nur für einen Sprung in die kalten Wellen oder einen Kaffee in einer Strandbar verlassen habe, an manchen Tagen wurde dann noch das nahegelegenste Museum angeschaut, damit das Kulturprogramm nicht vollständig vernachlässigt wurde und ich zuhause den Eindruck erwecken konnte, mit einem fremden Land auf Tuchfühlung gegangen zu sein. Es waren keine schlechten Urlaube – sie haben ihren Zweck in dem Sinne erfüllt, dass ich nach zwei Wochen gebräunt und zutiefst entspannt wieder in der Realität aufgetaucht bin und mich zumindest für den darauffolgenden Monat nichts aus der Ruhe bringen konnte.
Inzwischen jedoch macht sich bei mir ein kleines Stechen in der Brust bemerkbar, sobald ich mich länger als zwei Tage der süssen Lümmelei hingebe. Schon an meinem ersten Strandtag hier an der Costa Brava, an dem sich hinter kreischenden Kindern, Schwimmreifen und Bananaboats die blasse Silhouette der Pyrenäen vor dem Horizont abzeichnete, war da diese flüsternde Stimme in meinem Kopf, die mir keine Sekunde Ruhe liess: Was gibt es da wohl zu entdecken? Da das Costa Live Magazin ohnehin gerne Reisende vom Strand weg in das Hinterland der Küstenregion lockt, habe ich mich gerne von meinem sandigen Handtuch vertreiben lassen, um ein bisschen durch die Umgebung zu streifen.
Enttäuscht wurde ich bisher nicht – gerade im Gegenteil, meine Flip Flops habe ich inzwischen gegen Turnschuhe ausgetauscht, der Bikini wurde durch T-Shirt und Hose ersetzt. Die Costa Brava war mir, wie wahrscheinlich den meisten Urlaubern, vorher hauptsächlich als fotoreifes Strandparadies bekannt, das so manches Hochglanzmagazin ziert. Ich bin jeden Tag aufs Neue überrascht, wie viel die Region abseits dieses Paradieses zu bieten hat. Die schroffe Felslandschaft der Pyrenäen, in der man das Gefühl hat, man würde jeden Moment einem Fabelwesen aus Herr der Ringe über den Weg laufen, Berglandschaften, zwischen deren Hügeln Nebelfetzen hängen und in denen wir uns bei Dämmerung auf einer holprigen Strasse verfahren, verschlafene Dörfer, die mich zurück ins Mittelalter versetzen, urige Klöster, ausgedehnte Olivenbaumplantagen. Ausserdem habe ich festgestellt, dass sich Meeresfrüchte und Wein nicht nur mit Meerblick, sondern auch in kleinen, versteckten Restaurants in den schmalen Gassen der zahlreichen Orte geniessen lassen, die man auf dem Weg passiert.
Ich plädiere also hiermit an mich selbst: Schluss mit dem „Faul in der Sonne liegen!“ – es wird Zeit die Neugier wieder aus der staubigen Ecke zu kramen, in die sie sich verzogen hat! Auf mich warten Nationalparks und Tropfsteinhöhlen, Festungen und Burgen, Bergseen und Campingplätze. Keine Sorge, liebes Meer, nach diesen Entdeckungsreisen kehre ich gerne zu dir zurück.