D.O. Empordà – der beste Wein der Region Costa Brava kommt aus kleinen Orten im Hinterland! Noch ist das ein Geheimtipp
Die zu Katalonien gehörende D.O. Empordà – Costa Brava mit ihrem mediterranen Klima liegt unweit der beliebten Strände der Costa Brava. Dass dort entdeckungswerter Wein erzeugt wird, ist den meisten Reisenden noch ein Geheimnis. Das soll sich jetzt endlich ändern. Katalonien ist die europäische Gastronomieregion 2016 und auch der Wein der Gegend steht endlich international im Focus.
Palau-Saverdera
Wir beginnen unsere Fahrt hinter Rosas entlang der im Meer versinkenden Bergkette der Sierra de Albera. Rechts ducken sich die Häuser der Urbanisationen an den Berg, links dehnen sich uralte Olivenhaine und Weinberge weit ins Land. Der erste Ort auf der Strecke ist Palau-Saverdera. Hier gibt es einige nette Restaurants, die romanische Kirche Sant Joan thront altehrwürdig verwittert im Zentrum des Orts, man entdeckt einige schön sanierte Steinhäuser zwischen Neubauten und bröckelnden Mauern in den verwinkelten Gassen.
Über dem Ort blinkt weiß die Ermità Sant Onofre am Berg. Wir parken unser Auto neben dem Restaurant Terra Nostra, schultern Kamera und Notizblock für den steilen Weg bergan und folgen der rot-weißen Markierung in Richtung Kapelle über uns. Ganz oben auf dem Bergkamm sind die Reste des Castell de St. Salvador zu erkennen. Die Sonne scheint uns ins Gesicht und der Tramuntana heult über den Bergen. Die Vegetation blüht üppig, der Blick über das Empordà und das Mittelmeer ist Atem beraubend. Schmetterlinge taumeln im Wind, dunkelblau leuchten Gewitterblumen und wilde Lupinen, lila die Distelblüten, karminrote kretische Natternköpfe ragen empor und weiß und pink strahlen die Zistrosen (Cistus albidus). Skurrile Äste formen sich zu bizarren Kronen der Natur.
Sant Onofre
Felsbrocken aus Granit bilden eigenwillige Skulpturen und unterwegs verweist ein verwittertes Schild auf einen kleinen verrutschten Dolmen. Ein Stück weiter oben treffen wir auf einen stolz ragenden Menhir. Wenn man früh startet und die Bergausrüstung dabei hat, erreicht man in einer dreiviertel Stunde Sant Onofre, trifft nach 1,5 Stunden auf Mas Ventós und ist in 2,15 Stunden und nach 6,4 steilen Bergkilometern in Sant Pere de Rhodes – verheißt uns ein Schild. Wir kraxeln für heute nur auf Fotohöhe an die Kapelle heran und begeben uns zurück ins Tal. Unser Thema heißt schließlich Berge, Meer und Wein. Die Region lebt nicht nur vom Tourismus sondern auch vom Wein- und Olivenanbau. Deshalb hat jedes Dorf seine Kooperative. Hier kauft man direkt vom Fass oder abgefüllt in Pappkartons und Flaschen die jungen fruchtigen Weine der Region. Diese sind meist preiswerter als Wasser mit Kohlensäure.
In Palau-Saverdera liegt die Verkaufshalle direkt an der Straße nach Capmany. Den Wein kann man in der Regel probieren und die Auswahl zwischen weiß, rosé, rot, süß, halbtrocken und trocken fällt schwer. Wir bevorzugen den trockenen roten Reserva aus dem Zapfhahn und füllen unseren ersten Kanister. Weiter geht es jetzt nach Pau. Auch hier ragt die Kirche Sant Martí de Pau markant über die Dächer des Dorfes hinaus. In den Gärten stehen uralte Zitronen- und Orangenbäume mit verlockend leuchtenden Früchten. Knorrige Feigen treiben es grün. Die ältesten Häuser des Dorfes stammen aus dem 17. und 18. Jahrhundert und sind aus Stein gebaut. Leider hat man irgendwann die meisten davon verputzt und gestrichen. Die Farben sind verblichen und der Putz rissig. In der Bodega an der Straße kaufen wir Olivenöl und fahren zum nächsten Ziel.
Wein aus der Bodega Espelt
Zwischen Pau und Vilajuïga liegt die moderne Bodega Espelt. Hier legt man Wert auf Design. Sowohl das Erscheinungsbild als auch die Flaschen und Etiketten sind mutig jung gestaltet. Das Interieur der Anlage ein Designtempel: Weinflaschen präsentiert man hier wie im Museum. Glas, Stahl und Weite dominieren. An der Bar kann man die Weine probieren, und der direkte Einkauf ist für jeden möglich. Celler Espelt ist ein Familienunternehmen mit Tradition und Mut zu Neuem. Die vorwiegend jungen weißen, roten und Rosé-Weine sprechen auch die jungen Kunden an.
Einst von Lluís Espelt, in Vilajuïga gegründet, wird die Bodega heute von Sohn Damià und Enkelin Anna geleitet. Die Weinstöcke erster Qualität garantieren beste Weine.
Das Empordà – einst vor allem bekannt als Produzent süßer Weißweine (‘rancio’) – hat sich heute als Weinregion auf die steigende Nachfrage nach leichten, fruchtig-frischen Weinen eingestellt. Man findet hier die unterschiedlichsten Rebsorten: z.B. die Garnacha Blanca, Macabeo, Xarel-lo, Chardonnay, Moscatel, Sauvignon Blanc und Gewürztraminer als weiße und Garnacha Tinta, Cariñena, Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Syrah, Ull de Llebre und Merlot als rote Trauben.
Vilajuïga – Kooperative mit Wein vom Fas
Vilajuïga hat natürlich auch seine Kooperative mit Weinen vom Fass und frisch gepresstes Olivenöl. Hier begeistern wir uns für die in traditioneller Form angebotenen großen Stücke Olivenölseife – dekorativ für jedes Badezimmer. Den roten Reserva vom Holzfass finden wir echt lecker und füllen einen weiteren Kanister.
In den ländlichen Kooperativen steht man mitten im Geschehen: An den Zapfanlagen füllt sich jeder selbst seinen Wein ab. Als Behälter funktioniert alles, was eine Literangabe besitzt – egal ob leere Plastikcolaflasche oder Wasserkanister. Die Preise pro Liter Wein bewegen sich je nach Sorte um einen Euro. Die Weine sind gut trinkbar und das Preis-Leistungs-Verhältnis unschlagbar. Kein Wein für Gourmets, aber gut zum Essen trinkbar.
In der Cooperative von Vilajuïga verkauft man nicht nur Wein, Spirituosen und Olivenöl sondern auch Arbeitsschuhe, Korken und Verkorkungsgeräte der unterschiedlichsten Art und Größe sowie Wurstwaren und Gebäck.
Das Örtchen hat neben Wein auch Wasser zu bieten. An der Quelle von Vilajuïga kann man seine Wassertanks kostenfrei füllen. Im Sommer allerdings manchmal nur mit Geduld, auf Grund langer Schlangen. Die Etiketten der produzierten Wasserflaschen aus Vilajuïga ziert das Wahrzeichen des Ortes: das Schloss Quermanço. Zum Dalí-Jahr gibt es jetzt eine Sonderedition Wasserflaschen in eigenwilligem Dalí-Design. Genau wie Dalí feiert „AIGUA DE VILAJUïGA“ 2004 seinen 100. Geburtstag. Dalí übrigens trank fast ausschließlich nur dieses natürlich sprudelnde Mineralwasser mit gesunden Mineralien. Es gilt als das beste und gesündeste Mineralwasser Spaniens.
Garriguella – Dorf mit eigenem Wein und Weinfest
Garriguella wartet mit einem Weinfest auf. Die Weingüter und Bäckereien der Region sind hier mit ihren Ständen präsent, und man kann probieren, was der Magen schafft. Die Kirche Santa Eulàlia de Noves de Garriguella bildet das Zentrum des Dorfes. Der Platz um die Kirche ist einladend gestaltet und wird von einem schlossähnlichen Gebäude begrenzt. Daran an schließt sich ein großer Park. Gegenüber der Parkmauer entdecken wir ein wunderschönes verwunschenes Steinhaus, überwuchert von blühenden Glycinien. Daneben umschließt eine uralte Steinmauer einen dunklen Park. Wir stehen vor dem alten Castell von Garriguella. Wer mag hier der Schlossherr sein? Das Mauerwerk ist verwittert, die Fensterläden verschlossen. Der Kasten einer Alarmanlage verunziert die Fassade. Man möchte den Dornröschenschlaf beenden und stellt sich vor, mit langer Schleppe die Stufen hinab in den Park zu schreiten. Leider ist es mit der Romantik nicht so weit her, gegenüber wird gebaut und ein Bagger bahnt sich laut seinen Weg. Wir fliehen den Lärm und fahren weiter. Die Landschaft begeistert immer wieder von Neuem. Ein Schild nach links weist hin auf eine kleine Kirche im Feld „Sant Romá de Delfia“. Weniger die Kirche als die Ruine davor hat es uns angetan.
Auf einer Anhöhe dominiert sie das Land und erzählt von vergangenen Zeiten. Zu Füßen liegt ein kleiner See zwischen den Wiesen, und der Blick rundum schweift frei von den Pyrenäen bis hin zum Mittelmeer. Hier ist das Paradies zu Hause. Die Reste eines Kreuzgewölbes sind noch zu erkennen, aber Zwischendecken, Fenster und Dach fehlen seit Jahrhunderten. Bald werden auch die Wände nicht mehr stehen. Weit und breit ist kein Mensch zu sehen. Neben der Kapelle liegen Stallungen. Hier scheint ein Schäfer sein Domizil zu haben. Die Lämmer sind im Stall, und hinter dem nächsten Hügel erkennt man die Herde. Wir atmen noch einmal tief den Thymianduft der Felder ein und setzen unsere Fahrt fort in Richtung Rabos. Der Ort liegt wie ausgestorben zur Mittagszeit am Berg. Ein alter Mann sitzt, auf seinen Stock gestützt, vor einem Haus. Ein kleiner Kläffer flegelt müde in einer Gasse, zwei Katzen streifen umher. Die Zeit scheint stehen geblieben. In dem kleinen mittelalterlichen Ort an den Ausläufern der Pyrenäen leben noch 120 Einwohner. Es gibt einen Tante-Emma-Laden und ein kleines Restaurant mit typisch katalanischer Küche. Die sich hinab schlängelnden Gassen sind schmal. An manchen Stellen passt kaum ein Auto hindurch. Einige Häuser sind saniert, manche gerade in Arbeit und viele gammeln noch so vor sich hin oder stehen zum Verkauf.
Einige französische und zwei deutsche Autos parken auf dem kleinen Platz vor dem Dorf. Das Heute scheint angekommen. Bald wird es mit der Ruhe vorbei sein.
Espolla – Tipp: Wein aus der Bodega kosten
Im nächsten Ort Espolla haben wir schon öfter unseren Wein gekauft. Den bekommt man hier auch günstig in Flaschen. Der Rote schmeckt leicht nach Kirschen und beschwipst unbemerkt schnell. Um die Kirche gruppieren sich die vorbildlich sanierten Häuser des Dorfes. Einige erinnern durch Größe und Details an Paläste. Die Gärten sind gepflegt, und in einem
glitzert blau und verlockend der Pool. Pfauen laufen über den Rasen und Palmen wiegen sich im Wind. Die Idylle ist perfekt und man gerät ins Träumen.
An Sant Climent Sescebes vorbei fahren wir durch Olivenhaine und Weinberge und blühende Mohnfelder weiter bis Capmany. Hier gibt es mehrere bekannte Bodegas und kleine Restaurants. Der Platz mit Kirche und Ajuntament ist neu sanier, und hell strahlen die Steine der alten Fassaden. Auch hier ist die Kirche romanischen Ursprungs und geht auf das 12. – 13. Jahrhundert zurück. Im Oberdorf findet man die kleine Kapelle Sant Sebastià aus dem 17. Jahrhundert.
Dolmen (auch: Ganggräber)
– ein Grab, das aus mehreren großen Steinen gebaut wurde. Dazu wurden Megalithen (Bild) als Säulen aufgestellt und anschließend eine große flache Steinplatte darüber gelegt. Die Dolmen stellen den Höhepunkt der Megalithkultur dar und sind begehbare Grabmäler.
Burg Quermançó:
Dalí erwog die Burg Quermançó für seine Frau Gala zu kaufen, ehe er sich für Puból entschied. Er wollte hier eine Orgel aufstellen, die vom Nordwind – dem Tramuntana – zum Spielen gebracht werden sollte. Die Restaurierung der Burg Quermançó und der Bau der „L’Orgue de la Tramuntana“ soll jetzt in die Realität umgesetzt werden.