Das Val de Nuria gilt als das letzte „echte“ Hochgebirgstal der Ost-Pyrenäen. Núria ist autofrei und nur mit der Zahnradbahn „la Cremallera“ erreichbar. Trotz einiger Skilifte wird das Tal noch als ein echtes Naturparadies mit beeindruckender Gipfel-Kulisse beschrieben.
Wir haben uns an einem Feiertag im August schon früh auf den Weg in die Pyrenäen gemacht, um das Vall de Núria selbst zu erkunden.
Um 5.45 Uhr sitzen wir bereits im Auto und fahren Richtung Besalú, Olot über Ripoll nach Ribes de Freser. Die Neue Strecke von Besalú bis Olot ist gerade 4-spurig fertig gestellt, und wir sind die einzigen auf der Piste. Nach und nach steigt die Morgendämmerung rosa in den Himmel. Hinter Olot klettern wir die alte Nationalstraße N260 in den Berg. Romantische kleine Bergdörfer und Einsamkeit. Die Sonne steigt langsam aus dem Meer. Noch hat sie die Bergspitzen nicht erreicht. In Ripoll sind die Straßen menschenleer. An einem Feiertag beginnt der Tag erst spät.
In dem kleinen Pyrenäenstädtchen Ribes de Freser befindet sich die Talstation der Zahnradbahn „la Cremallera“, die einen ins autofreie Vall de Núria bringt. Wir fahren noch einen Ort weiter bis zum Bergdorf Queralbs in 1220 Meter Höhe. Hier endet die Straße, und man hat die letzte Möglichkeit in „la Cremallera“ zuzusteigen. Wir parken gegen 7.45 Uhr vor der Bergstation. Einige Wanderer warten bereits am Bahnsteig. Die erste Bahn des Tages startet 7.42 Uhr in Ribes de Freser und wird in etwa 5 Minuten in Queralbs stoppen. Am Ticketschalter lösen wir nur die Hinfahrt und erhalten Infomaterial. Den Rückweg wollen wir zu Fuß meistern. Unser Reiseführer verspricht spektakuläre Landschaft.
Die Fahrt mit „la Cremallera“ ist von besonderem Reiz. Die Bahn schlängelt sich durch Tunnel und entlang steiler Abgründe mit überraschenden Ausblicken forsch den Berg hinauf. Unter uns gurgelt das wilde Wasser des Rio Núria. Beeindruckend der Wasserfall Salt de Cua de Cavall (Pferdeschweif). Überall am Flusslauf blühen wilde Lupinen und prächtige Disteln. Im Unterholz direkt neben der Bahn springen zwei Gämsen auf und davon. Für die Zahnradbahn baut man momentan einen neuen Tunnel für den Steinschlag gefährdeten mittleren Streckenabschnitt.
Wanderung durch das Tal der Träume
Nach ca. 20 Minuten Fahrt liegt das Val de Núria vor uns. Hier auf 1.967 m Höhe befindet sich ein großer Gebäudekomplex aus dem 19. Jahrhundert, der Hotel, Schnellrestaurant und Wallfahrtstätte beherbergt. Nicht unbedingt ein Schmuckstück, gilt dieser religiöse Ort als ein beliebtes Ausflugsziel der Katalanen. Momentan wird die Anlage Stück für Stück saniert.
Die Landschaft des Tales dagegen begeistert. Umgeben von hohen Berggipfeln liegt der kleine Stausee noch im Schatten der Berge. Die Sonne wirft ihr morgendliches Scheinwerferlicht auf die Gipfel. Pferde grasen am Hang. Reitausflüge sind möglich. Eine Kuhherde zieht über den Berg. Üppige grüne Bergwiesen wohin das Auge schweift.
Die Skilifte übersehen wir dabei. Ein Esel begrüßt uns hinter dem Hotelkomplex. Auch Enten und Hühner wohnen hier im friedlichen Verbund mit einer Hasenfamilie. Auf dem künstlich gestauten See kann man Boot fahren. Rundwanderungen unterschiedlichster Anstrengung zu den Gipfeln oder um den See sind Alternativen zum steilen Abstieg ins Tal. Wir zögern kurz, halten aber doch an dem Plan des Abstiegs fest. Später wird sich das mit heftigem Muskelkater rächen.
Der meistbesuchte Ort in Núria ist ohne Zweifel die Wallfahrtskirche der Muttergottes von Núria, Beschützerin der Pyrenäenschäfer und hilfreich bei Kinderwunsch.
Der Abstieg ins Tal dauert etwa 3,5 Stunden. Wir laufen vorsichtig von Stein zu Stein. Wilde Himbeeren am Wegesrand. Blühende Wiesen und malerische Ausblicke lassen uns innehalten. Je weiter wir ins Tal hinunter steigen, um so zahlreicher kommen uns Wanderer entgegen, die sich den steilen Aufstieg wagen. Uns fehlt dafür das Training.
Unser Wanderweg endet im Dorf Queralbs. Das pittoreske mittelalterliche Pyrenäendorf mit den typischen Steinhäusern der Bergwelt lockt mit urigen Dorfrestaurants und bäuerlicher Küche.
Für ein Mittagessen sollte man an Feiertagen hier besser vorher reservieren, so lernen wir. Erschöpft setzen wir uns vor die kleine Bar hinter dem Rathaus und bestellen prickelnd kaltes Wasser und eisgekühlte Cola. Wieder belebt nach dieser Erfrischung, kaufen wir in dem kleinen Dorfladen für ein Picknick ein: exzellenter Bergkäse von Ziege und Schaf, leckere Wurstwaren der Region, knuspriges Steinofenbrot und frische Tomaten.
So gerüstet machen wir uns auf die Rückfahrt zum Meer.
Das war sicher nicht unser letzter Ausflug in die Berge. Auch im Hochsommer kann man hier bei angenehmen Temperaturen gut wandern, wenn man nur früh genug aus den Federn kommt.