Katalanischen Romanik – das Vall de Boí
Als die Wiege der katalanischen Romanik wird das Vall de Boí auch bezeichnet. Vor über 1000 Jahren entstanden im Tal acht kleine Dörfer und neun romanische Kirchen. Die Abgeschiedenheit des Tals hat der Denkmalpflege gedient, einige dieser Kirchen sind bis heute noch fast originalgetreu erhalten geblieben. Seit 2000 gehören Sie zum Unesco-Kulturerbe und sind weltweit bekannt geworden.
Sort – Glück
Wir nehmen von La Seu d’Urgell aus die N260 in Richtung Sort. Sort bedeutet auf Katalanisch Glück. Deshalb kauft ganz Spanien dort die Lose für die jährliche Weihnachtslotterie. Wir fahren direkt weiter in Richtung el Pont de Suert. Die N260 wird schmal und kurvig, windet sich steil die Berge hinauf, um denn schnell wieder in tiefe Schluchten zu stürzen. Gegenverkehr gibt es zum Glück kaum. Kurz hinter el Pont de Suert biegen wir ein ins Vall de Boí und fahren hinauf bis zum Dörfchen Taüll. Hier suchen wir uns eine Übernachtung. Leider ist in der empfohlenen Pension Santa Maria kein Zimmer mehr frei. So buchen wir nebenan.
2 Kirchen für 6 Personen
Taüll hat gleich zwei romanische Schmuckstücke im Angebot. Die eine Kirche ist einen Tag älter als die andere, erklärt uns der Pensionswirt. Damals hatten in Taüll nur 6 Leute gelebt, meint er. Wozu sie zwei Kirchen brauchten, ist rätselhaft. Es ist bis heute ein Geheimnis, warum in einem schmalen Tal, jenseits aller großen Handelsstrassen und Städte, in karger Berglandschaft im 11. und 12. Jahrhundert ein Wettstreit im Kirchenbau statt fand. Wer waren die Handwerker, Baumeister und Künstler, die sie errichteten und was waren die Beweggründe? St. Joan de Boí und St. Climent de Taüll sind mit wunderbaren Fresken geschmückt. Heilige und Fabelwesen bestimmen den Bilderreigen: Ein Lifan mit Elefantenstoßzähnen, ein Kamel – was sich in die Bergwelt der Pyrenäen verirrte … Mystische Geschichten – erzählt in einer brillanten Farb- und Formensprache.
Das Boí Tal
Im Boí-Tal reihen sich die Orte Barruera, Boí, Cardet, Coll, Durro, Erill la Vall, Saraís und Taüll aneinander. Elemente der mittelalterlichen Bauweise auf der Grundlage von Stein, Schiefer und Holz konnten auch in den Dörfern teilweise noch erhalten werden. Bei den Kirchen stechen zwei Elemente hervor: zum einen die auffällig voluminösen Kopfstücke und zum anderen die zahlreichen und minutiös verzierten Glockentürme. Die Fresken in der Kirche San Climent de Taüll (Szene der Hölle und des Jüngsten Gerichts) sind Kopien der Originale, die im Nationalen Kunstmuseum von Katalonien (MNAC) zu sehen sind. Wir lösen ein Ticket für alle Kirchen und bewundern nacheinander die sakrale Baukunst der Romanik, klettern auf hohe Glockentürme, unternehmen den Versuch, die Mystik der Fresken zu enträtseln und sind begeistert von dem geschnitzten Figuren in der Kirche Santa Eulàlia d’Erill la Vall.
Stausee Embassament de Cavallers – Aigüestortes
Am späten Nachmittag unternehmen wir noch einen Ausflug zum Stausee Embassament de Cavallers am Rande des Naturparks Aigüestortes. Tiefes unergründliches Blau spiegelt Himmel und Berge. An einer Steilwand üben sich Bergsteiger. Bleiche Wurzeln ragen aus der Tiefe. Märchenland. Etwas unterhalb des Stausees badet man im Fluss. Das kalte Bergwasser erfrischt augenblicklich. Danach zurück in Taüll endlich ein kühles Bier im Schatten der Vogelbeerbäume neben der Kirche San Climent de Taüll. Der Wirt der kleinen Bar erzählt begeistert
von dem Wechsel der Jahreszeiten hier im Tal. Wann die schönste Zeit für einen Aufenthalt hier ist, mag er nicht entscheiden. Vielleicht im Juni, wenn die Gipfel noch Schnee bedeckt sind und im Tal die Wiesen blühen? Oder doch der Herbst mit seinen goldenen Farben? Egal – jede Zeit hat ihren Reiz. Am Abend genießen wir ein einfaches, perfektes Menü mit frischen Produkten der Region auf der Terrasse der kleinen Bar Sedona im Ort. Am nächsten Tag wollen wir früh in den Parque Nacional de Aigüestortes aufbrechen. Noch eine Nachtaufnahme der San Clemente de Taüll und ein erlebnisreicher Tag in romantischer Bergwelt neigt sich dem Ende. Fortsetzung folgt.